Magdeburg - Stadt des NEUES BAUENS

Buntes Magdeburg


Expressionistische Blitzfassade in der Otto-Richter-Straße, Entwurf von Carl Krayl, 1922 (Sanierung Ende der 90er Jahre)
Expressionistische Blitzfassade in der Otto-Richter-Straße, Entwurf von Carl Krayl, 1922 (Sanierung Ende der 90er Jahre)

Bunte Fassaden an zeitgenössischer Architektur sind allgegenwärtig und uns sehr vertraut, stellen für uns heute nichts Außergewöhnliches dar. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts jedoch kam die Verwendung von  intensiven Farben als Gestaltungsmittel für Bauwerke einer Revolution gleich.

Vorreiter, und Initiator war der Architekt und Stadtplaner Bruno Taut, einer der Vorbilder von Walter Gropius. 1919 verfasste Taut seinen AUFRUF ZUM FARBIGEN BAUEN, worin es heißt:

 

“... Farbe ist Lebensfreude, und, weil sie mit geringen Mitteln zu geben ist, deshalb müssen wir gerade in der Zeit der heutigen Not ... auf sie dringen. ... An Stelle des schmutzig-grauen Hauses trete endlich wieder das blaue, rote, gelbe, grüne, schwarze, weiße Haus in ungebrochen leuchtender Tönung.” (1)

 

Während seiner Zeit als Stadtbaurat in Magdeburg von 1921 bis 1923 konnte er seine Ideen hier umsetzen. Gleich nach Amtsantritt ließ er 80 Gebäude bunt anmalen, unter anderem auch das Rathaus. Die Fassaden in der Otto-Richter-Straße, entstanden 1922 nach Farbentwürfe von Carl Krayl, sind heute einziges noch sichtbares Zeugnis dieser Aktion.

„Die zentrale Persönlichkeit bei der Realisierung des spektakulären Konzeptes vom „farbigen Magdeburg“ war Carl Krayl“ (2), denTaut aus Süddeutschland nach Magdeburg holte. Beide kannten sich gut aus der gemeinsamen Arbeit in der Gläsernen Kette sowie in der Architekturvereinigung Der Ring. Ihr gemeinsames Wirken veränderten das Image der Stadt zum „farbigen Magdeburg“, was die Stadt überregional bekannt machte. „Die Farbe signalisierte nach außen den Aufbruch in eine neue Zeit.“ (3)

 

Bei Tauts Planung und farblichen Gestaltung der Gartenstadt-Kolonie Reform wurde diese zum großen Experimentierfeld. Nach Seinem Weggang nach Berlin 1923 setzte sein Nachfolger Johannes Göderitz gemeinsam mit Carl Krayl und weiteren gleichgesinnten Architekten, wie Konrad Rühl, Maximilian Wormdessen kreative Ideen fort.

Bei allen in dieser Zeit entstandenen Wohnsiedlungen wurde intensive Farben eingesetzt. In der Beims- und  Anger-Siedlung wurden Fassadenbestandteile großflächig gestaltet (hier oft in den Farben der Weimarer Republik: schwarz, rot, gelb), andere Siedlungen (Cracau, Fermersleben, Westernplan, ...) fielen hauptsächlich durch helle Fassaden (weiß, beige) mit den für alle Wohnsiedlungen des Neuen Bauens charakteristischen sehr kontrastreichen bunten Fenster und Türen auf. 

 

Heute, nach aufwendiger denkmalsgerechter Rekonstruktion der Siedlungen und einzelner Gebäude, sowie der Otto-Richter-Straße, wird das Gestaltungsmittel „Farbe“ beim „Neuen Bauen“ in Magdeburg wieder erlebbar.

 

(1)  Stadtplanungsamt Magdeburg, 16/1995, S. 16

(2) Regina Prinz: Wohnen für alle, Neues Bauen in Magdeburg. Bunte Stadt – Neues Bauen, Die Baukunst von Carl Krayl, S. 57

(3) Ebenda, S.58

Otto-Richter-Straße

Gartenstadt-Kolonie Reform

Wohnsiedlungen

Funktionsbauten


Projekt mit der Handweberin Hanne Protzmann: